Untitled from Stephanie Geissler on Vimeo.
Donnerstag, 15. September 2011
Mittwoch, 14. September 2011
(Print) "Ein bisschen Nostalgie" bei Blood, Sweat & Tears
Für dpa-Karlsruhe, 28.7.2010, veröffentlicht auf sueddeutsche.de, focus.de u.a.
© sueddeutsche.de - erschienen am 28.07.2010 um 14:27 Uhr
Karlsruhe (dpa) - Wie eine Rocklegende sieht er nicht aus mit den beigefarbenen Stoffhosen und dem roten Poloshirt. Um die Körpermitte ist er etwas füllig geworden. Aber das ist Steve Katz bewusst. Der Mitbegründer der amerikanischen Band Blood Sweat & Tears übt sich auf der Bühne in Selbstironie:
«Das letzte Mal war ich vor 34 Kilogramm, ähm, Jahren hier», begrüßt er sein Publikum im Karlsruher Kulturzentrum «Tollhaus». Etwa 1300 Menschen sind am Dienstagabend gekommen, um sich beim «Zeltival» mit der Jazzrockband aus den 60er Jahren noch einmal jung zu fühlen.
Das Durchschnittsalter der Fans liegt bei Mitte 50, viele tragen T-Shirts der Band. Steve Katz ist der Einzige, der von der ursprünglichen Besetzung noch dabei ist. 1968 holte ihn Bandgründer Al Kooper an Bord. Seit damals hat sich die Gruppe immer wieder erneuert, insgesamt haben über die Jahre rund 130 Mitglieder die Band bereichert und wieder verlassen. Nach Umwegen stieß Katz 2008 wieder dazu und tourt seitdem mit Blood Sweat & Tears durch die Welt.
Thomas Kühn aus Karlsruhe kennt die Anfänge. Er war mit dabei, als die Band in Woodstock auftrat. Am lebendigsten ist ihm die begrenzten Zahl von Toiletten in Erinnerung geblieben: «Wir machten uns einfach in die Hose, wollten nichts verpassen», sagt der 59-Jährige und lacht. Für ihn gehörte Blood Sweat & Tears damals eher zu den unpolitischen Gruppen. Dennoch, als die Jazzrockband auftrat, trug auch sie zum «Gesamtaufruhr» bei, wie Kühne sagt, zu der «kochenden Masse, die mit Woodstock ein Ventil gefunden hatte, für all den Frust über das Establishment».
Auf der Bühne füllt Steve Katz die Pause zwischen zwei Liedern mit Anekdoten: Seine Eltern hätten damals aufgehört, mit ihm zu sprechen, als er ankündigte, er wolle Musiker werden. Das hätte sich dann aber mit den ersten Nummer-Eins-Hits von alleine erledigt, sagt lachend in seinem breitem Amerikanisch.
Er zählt die Albumcharts von 1970 auf: Auf dem zehnten Platz waren The Jackson Five, auf dem sechsten Paul McCartney, auf dem vierten das Beatles-Album «Let it be» - «Von wem war das nochmal?», fragt er das Publikum. Dann spielen die neun Musiker eine Single ihres damaligen Nummer-Eins-Albums «Hi-de-ho», die Menge singt, tanzt und grölt mit.
Klaus Karl Moritz ist ganz vorne mit dabei, er steht direkt vor der Bühne neben dem Lautsprecher. Blood Sweat & Tears spielen gerade einen ihrer größten Hits: «Spinning Wheel». Alles kommt zum Einsatz, Saxofon, Trompete, Posaune. Das Publikum klatscht im Takt, wippt mit den Knien. Klaus trägt ein schwarzes Rocker-T-Shirt, auf dem steht «Drei Tage Frieden und Musik». Der 60-jährige Karlsruher gehört zu den eingeschworenen Fans, dreimal hat er die Band schon gesehen. Auf die Frage, was ihn an Blood Sweat & Tears begeistert, reagiert er irritiert: «Was wird einem da wohl gefallen? Der Rhythmus natürlich.»
Draußen im Biergarten ist die Luft lau, die Musik weiter weg, ein gedämpftes Wirrwar. So wie Elisabeth Striteskys Erinnerungen an ihre Jugend. Die 57-Jährige sitzt alleine auf einer Mauer, in der Hand ein Glas Weißwein, ihre Freunde tanzen drinnen. Sie selbst habe die Zeit damals ein bisschen verträumt, gesteht sie, den Blick in die Ferne gerichtet. Jetzt sei sie hier wegen Stimmung und Musik. «And when I die» gefalle ihr besonders gut. Das Lied beginnt gerade, die ersten Mundharmonikatöne erklingen. «Ja, ein bisschen Gruppenzwang und ein bisschen Nostalgie haben mich heute Abend hergebracht», sagt Stritesky und lächelt.
© sueddeutsche.de - erschienen am 28.07.2010 um 14:27 Uhr
(Print) Rambos oder kluge Köpfe – Bundeswehr auf der Suche
Für dpa, 16.2.2011, veröffentlicht auf ntv.de u.a.
Rambos oder kluge Köpfe – Bundeswehr auf der Suche
Von Stephanie Geißler, dpa
(Mit Bild) =
«Und ist alles ihm zu schwer, geht er halt zur Bundeswehr.» Die Armee kämpft seit jeher mit Vorurteilen. Mit der Abschaffung der Wehrpflicht steht sie jetzt vor neuen Herausforderungen. Sie wirbt um kluge Köpfe - doch vielleicht kommen nur Rambos.
Bruchsal (dpa/lsw) – Jan Frederik Münker trägt seinen Tarnanzug mit Stolz. «Ein paar links eingestellten Typen in der Schule habe ich schon hin und wieder die Meinung geigen müssen», erzählt er und schlägt ein olivgrünes Bein über das andere. «Aber die meisten meiner Freunde fanden es in Ordnung.» Der schlanke Junge mit den blonden, kurz geschorenen Haaren sitzt im schmucklosen Aufenthaltsraum der Bruchsaler Eichelbergkaserne im Stuhlkreis mit seinen Kameraden. Sie diskutieren über ihre Berufswahl. Münker wird Offizier. Für zwölf Jahre hat er sich verpflichtet. Nach den 15 Monaten Basis-Ausbildung will er an der
Bundeswehr-Universität in Hamburg Betriebswirtschaft studieren.
Ihn reizt vor allem der sportliche Aspekt. «Ich will hier meine körperlichen Grenzen erfahren», sagt der 19-Jährige aus dem nordrhein-westfälischen Siegen. Mit dem Zeigefinger streicht er beiläufig über das matt glänzende, silberne Bändchen, das sich quer über die rechte Schulter seiner Uniform spannt, gleich über der
kleinen Deutschlandfahne. Das Band, Kennzeichen der Offiziere in Ausbildung, ist für den Abiturienten ein silberner Streif am Berufs-Horizont. Die Bundeswehr bietet Stellensicherheit und ein finanziertes Studium. In den kommenden zwölf Jahren hat der junge Mann nichts zu befürchten. Auch die Bundeswehr ist froh, Menschen wie Münker zu begeistern - wenn ab Juli 2011 die Wehrpflicht ausgesetzt wird, wird die Armee auf Freiwillige wie ihn angewiesen sein. Wie sich das Heer dann zusammensetzt, ist noch nicht abzusehen.
Seit 1956 sorgte die Wehrpflicht für den «Staatsbürger in Uniform». Junge Männer aus allen Gesellschaftsschichten wurden gezogen und sollten die demokratische Verankerung der Bundeswehr garantieren. Diese Idee ist nun aufgekündigt worden, und Skeptiker wie etwa Altkanzler Helmut Schmidt (SPD) befürchten, die Armee könnte künftig ein Eigenleben führen. In einem Interview mit der Wochenzeitung «Die Zeit» erinnerte Schmidt an die Reichswehr in der Weimarer Republik, die «ein abgeschirmter gesellschaftlicher Körper» gewesen sei. Auch der Blick auf die Berufsarmeen in England und den USA lässt ihn nichts Gutes ahnen. Ihre Rekruten melden sich vor allem «aus den sozialen Unterschichten und aus den Migrantenschichten», die nicht besonders gebildet und auch nicht demokratisch verwurzelt seien. Die Bundeswehr muss ihre Mitglieder daher nun sorgfältig auswählen – und für einen Beruf gewinnen, der noch nie einfach war.
«Ich will noch gar nicht an den Auslandseinsatz und eine mögliche Verwundung denken», meldet sich Fabian Darsch aus der Nähe von Landau zu Wort. Die meisten Kameraden im Stuhlkreis nicken. Der 20-Jährige hat sich im Januar für vier Jahre verpflichtet. «Man kann nicht zur Bundeswehr gehen, wenn man Angst hat. Soviel ist klar», macht sich Darsch Mut, und seine großen braunen Augen blicken nachdenklich zu Boden.
Erschwert wird die Auswahl durch den demografischen Wandel. «Wir sind jetzt ein Unternehmen wie jedes andere, und müssen mit der freien Wirtschaft um junge Menschen konkurrieren – und die werden
künftig immer weniger.» Sylvia Jahnz sitzt im Kreiswehrersatzamt Karlsruhe und kann auch noch nicht abschätzen, wer demnächst vor ihrem Schreibtisch stehen wird.
Ähnliche Worte sind auch von Jürgen Görlich vom Bundesvorstand des Deutschen Bundeswehrverbandes zu hören, der eine intensive Werbung um «kluge Köpfe» fordert. Er geht nicht davon aus, «dass wir zukünftig eine Armee werden, die aus Abenteurern und Verlierern besteht». Aber er verschließt seine Augen nicht vor der Tatsache, dass sich auch Schulabbrecher und Menschen mit schlechten Chancen auf dem freien Markt von der Bundeswehr angezogen fühlen.
Um die richtige Mischung zu bekommen, buhlt die Bundeswehr vor allem um Abiturienten und um Frauen. Dafür will sie die Vereinbarkeit von Familie und Dienst verbessern. Das steht auch im aktuellen Jahresbericht des Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus (FDP). Er bezeichnet das Paket mit Kinderbetreuung, Elternzeit und planbaren Versetzungen als eine der «zentralen Attraktivitätsfaktoren für den Dienst in der Bundeswehr».
Mareike Börger aus Osnabrück blickt dieser Entwicklung gespannt entgegen. Die 23-Jährige mit den kurzen hennafarbenen Haaren hat sich wie Jan Frederik Münker für die Offizierslaufbahn entschieden. Sie will an der zweiten Bundeswehruniversität in München Pädagogik studieren. Der Traum von Familie liegt zurzeit im Nebel. «Ich dachte immer, spätestens mit 28 bin ich verheiratet und hab Kinder, aber jetzt hab ich gemerkt, das ist was fürs Märchen. Ich bin keine Prinzessin», sagt Börger und dreht Glas Latte Macchiato in den Händen, das ihr ein Soldat vor ein paar Minuten in den Aufenthaltsraum gebracht hat. Kinder wolle sie dennoch einmal haben, erzählt sie weiter. «Aber dafür braucht es den richtigen Mann, der den Beruf akzeptiert.» Nicht jeder sei bereit, alle paar Jahre umzuziehen, wenn sie in eine andere Kaserne abberufen wird.
Das Lockmittel Studium kann für die Bundeswehr nur ein Weg sein, ihre Reihen zu füllen. Ein weiterer ist der Freiwillige Wehrdienst (FWD). «Bislang war der Wehrdienst das Hauptrekrutierungsinstrument für den Beruf des Soldaten», sagt Sylvia Jahnz. Etwa ein Drittel der Wehrdienstleistenden hat sich laut ihren Erfahrungen nach Ablauf der Dienstzeit verpflichtet. Diese Funktion soll künftig der FWD übernehmen. Rund 15 000 Stellen sollen geschaffen werden, falls der Zuschuss dafür bewilligt wird. Auch hier zielt die Bundeswehr vor allem auf Gymnasiasten. So wird überlegt, ob die Freiwilligen mit Bonuspunkten für Studienplätze belohnt werden oder der Dienst als Praktikum anerkannt werden kann. Und auch der finanzielle Anreiz soll nicht zu kurz kommen: Wo ein Wehrpflichtiger ehemals 378,30 Euro monatlich überwiesen bekam, soll er künftig 873,30 Euro bekommen.
Jan Frederik Münker kann diese Debatte nicht ganz nachvollziehen. Er sieht vor allem Vorteile darin, wenn nur noch diejenigen zum Bund gehen, die auch wirklich wollen. «Da kommt dann keiner mehr, der denkt, "Auf Zivi hab ich keinen Bock, also mach ich halt meine sechs Monate beim Bund"», sagt er entschieden und lehnt sich auf dem harten Holzstuhl zurück. Das wirke sich bestimmt positiv auf die Disziplin aus.
Das Gespräch im Aufenthaltsraum ist beendet. Oberstleutnant Tim Richardt, der es still verfolgt hat, macht sich auf den Weg in sein Büro. Nachdenklich schüttelt er den Kopf. «Die Bedenken sind weit hergeholt.» Der Mann Mitte vierzig, der zwei Kinder hat, sieht die Bundeswehr «fest verankert in der Gesellschaft». Mit Partnerschaften hält die Kaserne den Kontakt zu den umliegenden Gemeinden. Gemeinsam organisieren sie Sportveranstaltungen oder helfen bei Feuerwehreinsätzen. «Hier gibt es keine Ballerrambos, und das wird auch so bleiben.» Daneben habe die Bundeswehr ja auch noch eine Aufgabe zu erfüllen, ein politisches Mandat. «Ein Familienvater hat sicher Besseres zu tun, als sieben Monate in Afghanistan zu hocken und sein Leben aufs Spiel zu setzen. Viele tun es trotzdem, und das muss man als gesellschaftliche Leistung betrachten.»
Rambos oder kluge Köpfe – Bundeswehr auf der Suche
Von Stephanie Geißler, dpa
(Mit Bild) =
«Und ist alles ihm zu schwer, geht er halt zur Bundeswehr.» Die Armee kämpft seit jeher mit Vorurteilen. Mit der Abschaffung der Wehrpflicht steht sie jetzt vor neuen Herausforderungen. Sie wirbt um kluge Köpfe - doch vielleicht kommen nur Rambos.
Bruchsal (dpa/lsw) – Jan Frederik Münker trägt seinen Tarnanzug mit Stolz. «Ein paar links eingestellten Typen in der Schule habe ich schon hin und wieder die Meinung geigen müssen», erzählt er und schlägt ein olivgrünes Bein über das andere. «Aber die meisten meiner Freunde fanden es in Ordnung.» Der schlanke Junge mit den blonden, kurz geschorenen Haaren sitzt im schmucklosen Aufenthaltsraum der Bruchsaler Eichelbergkaserne im Stuhlkreis mit seinen Kameraden. Sie diskutieren über ihre Berufswahl. Münker wird Offizier. Für zwölf Jahre hat er sich verpflichtet. Nach den 15 Monaten Basis-Ausbildung will er an der
Bundeswehr-Universität in Hamburg Betriebswirtschaft studieren.
Ihn reizt vor allem der sportliche Aspekt. «Ich will hier meine körperlichen Grenzen erfahren», sagt der 19-Jährige aus dem nordrhein-westfälischen Siegen. Mit dem Zeigefinger streicht er beiläufig über das matt glänzende, silberne Bändchen, das sich quer über die rechte Schulter seiner Uniform spannt, gleich über der
kleinen Deutschlandfahne. Das Band, Kennzeichen der Offiziere in Ausbildung, ist für den Abiturienten ein silberner Streif am Berufs-Horizont. Die Bundeswehr bietet Stellensicherheit und ein finanziertes Studium. In den kommenden zwölf Jahren hat der junge Mann nichts zu befürchten. Auch die Bundeswehr ist froh, Menschen wie Münker zu begeistern - wenn ab Juli 2011 die Wehrpflicht ausgesetzt wird, wird die Armee auf Freiwillige wie ihn angewiesen sein. Wie sich das Heer dann zusammensetzt, ist noch nicht abzusehen.
Seit 1956 sorgte die Wehrpflicht für den «Staatsbürger in Uniform». Junge Männer aus allen Gesellschaftsschichten wurden gezogen und sollten die demokratische Verankerung der Bundeswehr garantieren. Diese Idee ist nun aufgekündigt worden, und Skeptiker wie etwa Altkanzler Helmut Schmidt (SPD) befürchten, die Armee könnte künftig ein Eigenleben führen. In einem Interview mit der Wochenzeitung «Die Zeit» erinnerte Schmidt an die Reichswehr in der Weimarer Republik, die «ein abgeschirmter gesellschaftlicher Körper» gewesen sei. Auch der Blick auf die Berufsarmeen in England und den USA lässt ihn nichts Gutes ahnen. Ihre Rekruten melden sich vor allem «aus den sozialen Unterschichten und aus den Migrantenschichten», die nicht besonders gebildet und auch nicht demokratisch verwurzelt seien. Die Bundeswehr muss ihre Mitglieder daher nun sorgfältig auswählen – und für einen Beruf gewinnen, der noch nie einfach war.
«Ich will noch gar nicht an den Auslandseinsatz und eine mögliche Verwundung denken», meldet sich Fabian Darsch aus der Nähe von Landau zu Wort. Die meisten Kameraden im Stuhlkreis nicken. Der 20-Jährige hat sich im Januar für vier Jahre verpflichtet. «Man kann nicht zur Bundeswehr gehen, wenn man Angst hat. Soviel ist klar», macht sich Darsch Mut, und seine großen braunen Augen blicken nachdenklich zu Boden.
Erschwert wird die Auswahl durch den demografischen Wandel. «Wir sind jetzt ein Unternehmen wie jedes andere, und müssen mit der freien Wirtschaft um junge Menschen konkurrieren – und die werden
künftig immer weniger.» Sylvia Jahnz sitzt im Kreiswehrersatzamt Karlsruhe und kann auch noch nicht abschätzen, wer demnächst vor ihrem Schreibtisch stehen wird.
Ähnliche Worte sind auch von Jürgen Görlich vom Bundesvorstand des Deutschen Bundeswehrverbandes zu hören, der eine intensive Werbung um «kluge Köpfe» fordert. Er geht nicht davon aus, «dass wir zukünftig eine Armee werden, die aus Abenteurern und Verlierern besteht». Aber er verschließt seine Augen nicht vor der Tatsache, dass sich auch Schulabbrecher und Menschen mit schlechten Chancen auf dem freien Markt von der Bundeswehr angezogen fühlen.
Um die richtige Mischung zu bekommen, buhlt die Bundeswehr vor allem um Abiturienten und um Frauen. Dafür will sie die Vereinbarkeit von Familie und Dienst verbessern. Das steht auch im aktuellen Jahresbericht des Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus (FDP). Er bezeichnet das Paket mit Kinderbetreuung, Elternzeit und planbaren Versetzungen als eine der «zentralen Attraktivitätsfaktoren für den Dienst in der Bundeswehr».
Mareike Börger aus Osnabrück blickt dieser Entwicklung gespannt entgegen. Die 23-Jährige mit den kurzen hennafarbenen Haaren hat sich wie Jan Frederik Münker für die Offizierslaufbahn entschieden. Sie will an der zweiten Bundeswehruniversität in München Pädagogik studieren. Der Traum von Familie liegt zurzeit im Nebel. «Ich dachte immer, spätestens mit 28 bin ich verheiratet und hab Kinder, aber jetzt hab ich gemerkt, das ist was fürs Märchen. Ich bin keine Prinzessin», sagt Börger und dreht Glas Latte Macchiato in den Händen, das ihr ein Soldat vor ein paar Minuten in den Aufenthaltsraum gebracht hat. Kinder wolle sie dennoch einmal haben, erzählt sie weiter. «Aber dafür braucht es den richtigen Mann, der den Beruf akzeptiert.» Nicht jeder sei bereit, alle paar Jahre umzuziehen, wenn sie in eine andere Kaserne abberufen wird.
Das Lockmittel Studium kann für die Bundeswehr nur ein Weg sein, ihre Reihen zu füllen. Ein weiterer ist der Freiwillige Wehrdienst (FWD). «Bislang war der Wehrdienst das Hauptrekrutierungsinstrument für den Beruf des Soldaten», sagt Sylvia Jahnz. Etwa ein Drittel der Wehrdienstleistenden hat sich laut ihren Erfahrungen nach Ablauf der Dienstzeit verpflichtet. Diese Funktion soll künftig der FWD übernehmen. Rund 15 000 Stellen sollen geschaffen werden, falls der Zuschuss dafür bewilligt wird. Auch hier zielt die Bundeswehr vor allem auf Gymnasiasten. So wird überlegt, ob die Freiwilligen mit Bonuspunkten für Studienplätze belohnt werden oder der Dienst als Praktikum anerkannt werden kann. Und auch der finanzielle Anreiz soll nicht zu kurz kommen: Wo ein Wehrpflichtiger ehemals 378,30 Euro monatlich überwiesen bekam, soll er künftig 873,30 Euro bekommen.
Jan Frederik Münker kann diese Debatte nicht ganz nachvollziehen. Er sieht vor allem Vorteile darin, wenn nur noch diejenigen zum Bund gehen, die auch wirklich wollen. «Da kommt dann keiner mehr, der denkt, "Auf Zivi hab ich keinen Bock, also mach ich halt meine sechs Monate beim Bund"», sagt er entschieden und lehnt sich auf dem harten Holzstuhl zurück. Das wirke sich bestimmt positiv auf die Disziplin aus.
Das Gespräch im Aufenthaltsraum ist beendet. Oberstleutnant Tim Richardt, der es still verfolgt hat, macht sich auf den Weg in sein Büro. Nachdenklich schüttelt er den Kopf. «Die Bedenken sind weit hergeholt.» Der Mann Mitte vierzig, der zwei Kinder hat, sieht die Bundeswehr «fest verankert in der Gesellschaft». Mit Partnerschaften hält die Kaserne den Kontakt zu den umliegenden Gemeinden. Gemeinsam organisieren sie Sportveranstaltungen oder helfen bei Feuerwehreinsätzen. «Hier gibt es keine Ballerrambos, und das wird auch so bleiben.» Daneben habe die Bundeswehr ja auch noch eine Aufgabe zu erfüllen, ein politisches Mandat. «Ein Familienvater hat sicher Besseres zu tun, als sieben Monate in Afghanistan zu hocken und sein Leben aufs Spiel zu setzen. Viele tun es trotzdem, und das muss man als gesellschaftliche Leistung betrachten.»
(Print) Der (Feld)Weg zurück auf den Arbeitsmarkt
Für dpa, 5.8.2010, veröffentlicht in Badische Zeitung (BZ), Badische Neueste Nachrichten (BNN) u.a.
KORR-Inland/Arbeit/
Der (Feld)Weg zurück auf den Arbeitsmarkt
Von Stephanie Geißler, dpa
(Mit Bild) =
Heilkräuter, vier Tonnen Gemüse und ein gesundes Restaurant - ein Karlsruher Projekt hilft auf vielseitige Weise Langzeitarbeitslosen zurück in die Erwerbstätigkeit. «Erde erdet» lautet dabei die Devise.
Zwischen grünen Salatköpfen leuchten gelbe Zucchiniblüten, einige Tomaten sind so reif, dass sie an manchen Stellen bereits aufgeplatzt sind. Ein sanfter Hauch von Lavendel liegt in der Luft. An die Eingangstür der kleinen Aufenthaltshütte neben dem Gewächshaus hat jemand mit Filzstift und in fehlerhaftem Latein frei nach Horaz die Worte «Beatus ille qui procul negotiem paternam exercet» gekritzelt. Übersetzt heißt das in etwa, «glücklich ist jener, der fern von den Geschäften ist». Das könnte eine Art Motto sein für die Teilnehmer des Projekts «Gesundheit für alle» - und andererseits auch wieder nicht.
Horaz pries das friedliche Landleben fern von der Geschäftigkeit - die Projektteilnehmer, allesamt arbeitslos, wollen früher oder später wieder genau dahin zurück: auf den ersten Arbeitsmarkt. Doch der Weg dahin, die Arbeit mit den Pflanzen in der freien Natur, soll heilend sein und Struktur vermitteln, sagt Ideengeber und Projektleiter Max Breitzler.
«Gesundheit für alle», ein Projekt der Karlsruher intial e.V., wird vom Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert. Seit 2009 bauen Langzeitarbeitslose in einer still gelegten Biogärtnerei in Karlsruhe-Wolfartsweier Gemüse, Kräuter und Blumen an. Vier Tonnen haben sie im vergangenen Jahr geerntet, Breitzler hofft in diesem Jahr auf das Doppelte. Den Ertrag spenden die Teilnehmer an Menschen in sozialen Karlsruher Einrichtungen wie Frauenhäuser, Wohnheime und Tafeln, oder verkaufen es auf dem Wochenmarkt.
Marcus ist verantwortlich für den zarten Lavendelduft. Heilpflanzen sind sein kleines Sonderprojekt. Die Betreuer lobten vor allem seine Initiative Verantwortung übernehmen zu wollen, ein wichtiges Ziel des Projektes. Auf dem Feld hat er Orangenthymian und Mandarinsalbei angebaut. Jetzt sitzt er an einem
Tisch vor der Aufenthaltshütte im Schatten und zupft kleine Lavendelblüten in eine Kiste. «Den Duft dieser wunderschönen Pflanze zu riechen tut der Seele gut», sagt der 34-Jährige. Dann lacht er etwas verlegen, betrachtet seine Hände.
Irgendjemand habe ihm mal geraten, «Marcus, sei sparsam mit dem Wort "spirituell"». Das komme nicht so gut, besonders in Bewerbungsschreiben. Dennoch: Die Sache mit den Pflanzen sei schon fast schicksalhaft gewesen. Damals, er war noch Diskjockey und orientierungslos, ist er eine Straße entlang gelaufen und stand plötzlich vor zwei Kisten voller ausrangierter Bücher, alles Bände über Hildegard von Bingen, eine Mystikerin und Pflanzenkundlerin aus dem Mittelalter. Während er noch ratlos herumstand, in den Büchern blätterte und überlegte, wie er die Kisten zu Fuß nach Hause transportieren könnte, kamen zufällig zwei Freunde in einem Kombi vorbei. «Das war so eine Art Initiation für mich, ein Zeichen». Jetzt hofft er auf eine Ausbildung in diesem Bereich. Ein paar Praktika habe er schon gemacht, «aber in meiner Traumgärtnerei bilden sie nicht aus. Vielleicht ändert sich das irgendwann.»
Ein Zeichen hat auch Alexandra N. gebraucht - ein Zeichen ihres Körpers, das ihr sagt, dass es genug ist. Sie ist jetzt 41, vor ein paar Jahren hat das Mobbing angefangen. Einmal hat sie den Job gewechselt, in einem anderen Blumenladen noch einmal von vorne angefangen. Die Kollegen waren neu, die Situation bald die alte. Jetzt ist sie krankgeschrieben, wegen Depressionen. «Ich war wie ein D-Zug ohne Bremsen, erst die Krankheit hat mich gestoppt», erinnert sich die Floristin.
Das Projekt «Gesundheit für alle» ist ein «Zwischenschritt» für sie auf dem Weg zurück auf den ersten Arbeitsmarkt. «Auch wenn es komisch klingt: Erde erdet mich, bringt mir Ruhe», sagt Alexandra und dreht nachdenklich den Griff ihrer Mistgabel in den Händen. Das Projekt gebe ihr erst einmal einen «geschützten Rahmen», sagt Alexandra. Dass die anderen ihre Vorgeschichte kennen sei beruhigend: «Hier darf ich auch mal Fehler machen. Das gibt mir Kraft.»
Schichtwechsel. Max Breitzler unterhält sich mit den anderen Teilnehmern. Alle sitzen vor dem Aufenthaltshäuschen neben dem Gewächshaus, vorübergehend fern von den Geschäften. Aber Breitzler kann nicht lange bleiben, er muss auf eine Baustelle, zu seinem nächsten Projekt, ein Restaurant in der Karlsruher Südstadt. Dort sollen Hartz IV-Empfänger günstige und dennoch gesunde Mahlzeiten bekommen: Die Zutaten werden direkt vom Acker geliefert. Auch hier werden 1-Euro-Jobber beschäftigt. Aber das Restaurant solle keine reine Suppenküche werden, alle seien willkommen, sagt Breitzler. «Wir wollen Raum für Kommunikation schaffen».
KORR-Inland/Arbeit/
Der (Feld)Weg zurück auf den Arbeitsmarkt
Von Stephanie Geißler, dpa
(Mit Bild) =
Heilkräuter, vier Tonnen Gemüse und ein gesundes Restaurant - ein Karlsruher Projekt hilft auf vielseitige Weise Langzeitarbeitslosen zurück in die Erwerbstätigkeit. «Erde erdet» lautet dabei die Devise.
Zwischen grünen Salatköpfen leuchten gelbe Zucchiniblüten, einige Tomaten sind so reif, dass sie an manchen Stellen bereits aufgeplatzt sind. Ein sanfter Hauch von Lavendel liegt in der Luft. An die Eingangstür der kleinen Aufenthaltshütte neben dem Gewächshaus hat jemand mit Filzstift und in fehlerhaftem Latein frei nach Horaz die Worte «Beatus ille qui procul negotiem paternam exercet» gekritzelt. Übersetzt heißt das in etwa, «glücklich ist jener, der fern von den Geschäften ist». Das könnte eine Art Motto sein für die Teilnehmer des Projekts «Gesundheit für alle» - und andererseits auch wieder nicht.
Horaz pries das friedliche Landleben fern von der Geschäftigkeit - die Projektteilnehmer, allesamt arbeitslos, wollen früher oder später wieder genau dahin zurück: auf den ersten Arbeitsmarkt. Doch der Weg dahin, die Arbeit mit den Pflanzen in der freien Natur, soll heilend sein und Struktur vermitteln, sagt Ideengeber und Projektleiter Max Breitzler.
«Gesundheit für alle», ein Projekt der Karlsruher intial e.V., wird vom Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert. Seit 2009 bauen Langzeitarbeitslose in einer still gelegten Biogärtnerei in Karlsruhe-Wolfartsweier Gemüse, Kräuter und Blumen an. Vier Tonnen haben sie im vergangenen Jahr geerntet, Breitzler hofft in diesem Jahr auf das Doppelte. Den Ertrag spenden die Teilnehmer an Menschen in sozialen Karlsruher Einrichtungen wie Frauenhäuser, Wohnheime und Tafeln, oder verkaufen es auf dem Wochenmarkt.
Marcus ist verantwortlich für den zarten Lavendelduft. Heilpflanzen sind sein kleines Sonderprojekt. Die Betreuer lobten vor allem seine Initiative Verantwortung übernehmen zu wollen, ein wichtiges Ziel des Projektes. Auf dem Feld hat er Orangenthymian und Mandarinsalbei angebaut. Jetzt sitzt er an einem
Tisch vor der Aufenthaltshütte im Schatten und zupft kleine Lavendelblüten in eine Kiste. «Den Duft dieser wunderschönen Pflanze zu riechen tut der Seele gut», sagt der 34-Jährige. Dann lacht er etwas verlegen, betrachtet seine Hände.
Irgendjemand habe ihm mal geraten, «Marcus, sei sparsam mit dem Wort "spirituell"». Das komme nicht so gut, besonders in Bewerbungsschreiben. Dennoch: Die Sache mit den Pflanzen sei schon fast schicksalhaft gewesen. Damals, er war noch Diskjockey und orientierungslos, ist er eine Straße entlang gelaufen und stand plötzlich vor zwei Kisten voller ausrangierter Bücher, alles Bände über Hildegard von Bingen, eine Mystikerin und Pflanzenkundlerin aus dem Mittelalter. Während er noch ratlos herumstand, in den Büchern blätterte und überlegte, wie er die Kisten zu Fuß nach Hause transportieren könnte, kamen zufällig zwei Freunde in einem Kombi vorbei. «Das war so eine Art Initiation für mich, ein Zeichen». Jetzt hofft er auf eine Ausbildung in diesem Bereich. Ein paar Praktika habe er schon gemacht, «aber in meiner Traumgärtnerei bilden sie nicht aus. Vielleicht ändert sich das irgendwann.»
Ein Zeichen hat auch Alexandra N. gebraucht - ein Zeichen ihres Körpers, das ihr sagt, dass es genug ist. Sie ist jetzt 41, vor ein paar Jahren hat das Mobbing angefangen. Einmal hat sie den Job gewechselt, in einem anderen Blumenladen noch einmal von vorne angefangen. Die Kollegen waren neu, die Situation bald die alte. Jetzt ist sie krankgeschrieben, wegen Depressionen. «Ich war wie ein D-Zug ohne Bremsen, erst die Krankheit hat mich gestoppt», erinnert sich die Floristin.
Das Projekt «Gesundheit für alle» ist ein «Zwischenschritt» für sie auf dem Weg zurück auf den ersten Arbeitsmarkt. «Auch wenn es komisch klingt: Erde erdet mich, bringt mir Ruhe», sagt Alexandra und dreht nachdenklich den Griff ihrer Mistgabel in den Händen. Das Projekt gebe ihr erst einmal einen «geschützten Rahmen», sagt Alexandra. Dass die anderen ihre Vorgeschichte kennen sei beruhigend: «Hier darf ich auch mal Fehler machen. Das gibt mir Kraft.»
Schichtwechsel. Max Breitzler unterhält sich mit den anderen Teilnehmern. Alle sitzen vor dem Aufenthaltshäuschen neben dem Gewächshaus, vorübergehend fern von den Geschäften. Aber Breitzler kann nicht lange bleiben, er muss auf eine Baustelle, zu seinem nächsten Projekt, ein Restaurant in der Karlsruher Südstadt. Dort sollen Hartz IV-Empfänger günstige und dennoch gesunde Mahlzeiten bekommen: Die Zutaten werden direkt vom Acker geliefert. Auch hier werden 1-Euro-Jobber beschäftigt. Aber das Restaurant solle keine reine Suppenküche werden, alle seien willkommen, sagt Breitzler. «Wir wollen Raum für Kommunikation schaffen».
(Print) Aura Dione - Popprinzessin mit Humor und Stimmgewalt
Für dpa-Karlsruhe, 23.9.2010
KORR-Inland/Musik/Konzerte/
Aura Dione – Popprinzessin mit Humor und Stimmgewalt
Von Stephanie Geißler, dpa
(Mit Bild) =
Soulstimme, Lack-High-Heels, und Geschichten aus dem Rotlichtviertel – Aura Dione
beherrscht die Kunst, ihr Publikum in Bann zu halten. Und beim Baden-Badener SWR3-NewPop-Festival funkeln nicht nur ihre Lieder wie Juwelen.
Baden-Baden (dpa/lsw) – Gegen das Label «Popprinzessin» hätte sie grundsätzlich nichts einzuwenden, sagte Aura Dione einmal in einem Interview mit dem Radiosender MDR Sputnik. Ganz im Gegenteil: Sie nähme es gar als Kompliment. Und sie scheint alles daran zu setzen, solcherlei Assoziationen zu wecken – zumindest bei jenen mit der Kleinmädchenvorstellung von der Prinzessin, die vor allem eines muss: glitzern und funkeln. Manch anderer mag sich allenfalls an die Krönung der Karnevalsprinzessin erinnert fühlen, als Aura Dione am Donnerstagabend im Baden-Badener Festspielhaus das SWR3 New Pop Festival eröffnet: Mit riesigem buntem Federhaarschmuck, weißem Glitzerkleid, glänzendkarierten Strumpfhosen und Schwindel erregend hohen Lackstilettos hopst sie auf die Bühne, man rechnet jeden Moment mit einem Sturz, der letztlich nicht passiert.
Als Aura Dione anfängt zu singen, sind blitzartig alle Gedanken an Karneval und verstauchte Knöchel vergessen. Ihre Stimme vermittelt unerwartete Ernsthaftigkeit, lobhudelnde Vergleiche mit Tracy Chapman, der US-amerikanischen Folk-Rock-Ikone, lassen sich nicht abstreiten. Soulig, stellenweise heiser, dann wieder glockenhell und klar singt sie sich durch ihre Lieder, die von Liebe, Freundschaft und Herzschmerz erzählen. Die Enttäuschung, die einen bisweilen bei Live-Konzerten überkommt, die wehmütigen Gedanken
an die perfekt abgemischte CD im heimischen Regal bleiben an diesem Abend aus.
Doch die Andächtigkeit bleibt flüchtig, dafür sorgt Aura Dione, so scheint es zumindest, systematisch. Die Sängerin versteht es immer wieder, den Zauber zu brechen, den die Kombination aus Stimme, Musik und Opernhausatmosphäre hervorruft. Und beweist obendrein Humor und Sinn für Selbstironie, wenn sie die Menge zwischen den Liedern mit kleinen Anekdoten aus ihrem Leben zum Lachen bringt. Ihre Jugend in Kopenhagen habe sie in ordentlicher Kleidung verbracht, erklärt Aura Dione etwa die Entstehungsgeschichte von „Are you for Sale?“, und fasst sich demonstrativ an ihr mit Perlen übersätes rosa Kleid, das sie sich zwischenzeitlich übergestreift hat. Das habe ihr jedoch nicht viel genützt, denn sie sei in einem zwielichtigen Rotlichtviertel aufgewachsen. Als sie dieses Viertel eines späten Abends bei Dunkelheit durchqueren musste, habe sie plötzlich Schritte hinter sich gehört, und eine Stimme rief „Are you for sale? Kann man dich kaufen?“ Entsetzt sei sie damals nach Hause gerannt – mittlerweile sei sie mit dem Typen verheiratet.
Als sie schließlich “I will love you Monday” anstimmt, bedarf es keiner erklärenden Worte, die Erfolgsgeschichte ihres Nummer-Eins-Hits reicht dem Publikum als Hintergrund. Die Menge reißt es von den Stühlen, die feierliche Festspielhausatmosphäre ist endgültig dahin. Während der Instrumentalstrecken mimt Aura Dione ein Telefongespräch auf Deutsch, abwechselnd spricht sie mal mit tiefer, mal mit heller Stimme in ihr Mikrofon. „Kommst du heute Abend?“, fragt sie ihr imaginäres Gegenüber, „Nein!“, antwortet sie sich selbst, um gleich wieder zurück zu fragen, „Warum nicht?“
Doch im wahren Leben sind viele gekommen an diesem Abend, 2500 Menschen, das Festspielhaus ist ausverkauft. Und alle klatschen, nachdem das letzte Lied beendet ist, verlangen nach einer Zugabe. Ein letztes Mal stöckelt Aura Dione auf die Bühne, ruft nach ihren «Jungs» an den Instrumenten - «Ohne euch kann ich das nicht» - und singt «Antony». Beim Schlussakkord verharrt Dione und reckt die Arme in die Höhe. Die Saalbeleuchtung erlischt, und man kann die zahllosen kleinen Lichtchen auf ihrem Kleid funkeln sehen wie
Juwelen.
KORR-Inland/Musik/Konzerte/
Aura Dione – Popprinzessin mit Humor und Stimmgewalt
Von Stephanie Geißler, dpa
(Mit Bild) =
Soulstimme, Lack-High-Heels, und Geschichten aus dem Rotlichtviertel – Aura Dione
beherrscht die Kunst, ihr Publikum in Bann zu halten. Und beim Baden-Badener SWR3-NewPop-Festival funkeln nicht nur ihre Lieder wie Juwelen.
Baden-Baden (dpa/lsw) – Gegen das Label «Popprinzessin» hätte sie grundsätzlich nichts einzuwenden, sagte Aura Dione einmal in einem Interview mit dem Radiosender MDR Sputnik. Ganz im Gegenteil: Sie nähme es gar als Kompliment. Und sie scheint alles daran zu setzen, solcherlei Assoziationen zu wecken – zumindest bei jenen mit der Kleinmädchenvorstellung von der Prinzessin, die vor allem eines muss: glitzern und funkeln. Manch anderer mag sich allenfalls an die Krönung der Karnevalsprinzessin erinnert fühlen, als Aura Dione am Donnerstagabend im Baden-Badener Festspielhaus das SWR3 New Pop Festival eröffnet: Mit riesigem buntem Federhaarschmuck, weißem Glitzerkleid, glänzendkarierten Strumpfhosen und Schwindel erregend hohen Lackstilettos hopst sie auf die Bühne, man rechnet jeden Moment mit einem Sturz, der letztlich nicht passiert.
Als Aura Dione anfängt zu singen, sind blitzartig alle Gedanken an Karneval und verstauchte Knöchel vergessen. Ihre Stimme vermittelt unerwartete Ernsthaftigkeit, lobhudelnde Vergleiche mit Tracy Chapman, der US-amerikanischen Folk-Rock-Ikone, lassen sich nicht abstreiten. Soulig, stellenweise heiser, dann wieder glockenhell und klar singt sie sich durch ihre Lieder, die von Liebe, Freundschaft und Herzschmerz erzählen. Die Enttäuschung, die einen bisweilen bei Live-Konzerten überkommt, die wehmütigen Gedanken
an die perfekt abgemischte CD im heimischen Regal bleiben an diesem Abend aus.
Doch die Andächtigkeit bleibt flüchtig, dafür sorgt Aura Dione, so scheint es zumindest, systematisch. Die Sängerin versteht es immer wieder, den Zauber zu brechen, den die Kombination aus Stimme, Musik und Opernhausatmosphäre hervorruft. Und beweist obendrein Humor und Sinn für Selbstironie, wenn sie die Menge zwischen den Liedern mit kleinen Anekdoten aus ihrem Leben zum Lachen bringt. Ihre Jugend in Kopenhagen habe sie in ordentlicher Kleidung verbracht, erklärt Aura Dione etwa die Entstehungsgeschichte von „Are you for Sale?“, und fasst sich demonstrativ an ihr mit Perlen übersätes rosa Kleid, das sie sich zwischenzeitlich übergestreift hat. Das habe ihr jedoch nicht viel genützt, denn sie sei in einem zwielichtigen Rotlichtviertel aufgewachsen. Als sie dieses Viertel eines späten Abends bei Dunkelheit durchqueren musste, habe sie plötzlich Schritte hinter sich gehört, und eine Stimme rief „Are you for sale? Kann man dich kaufen?“ Entsetzt sei sie damals nach Hause gerannt – mittlerweile sei sie mit dem Typen verheiratet.
Als sie schließlich “I will love you Monday” anstimmt, bedarf es keiner erklärenden Worte, die Erfolgsgeschichte ihres Nummer-Eins-Hits reicht dem Publikum als Hintergrund. Die Menge reißt es von den Stühlen, die feierliche Festspielhausatmosphäre ist endgültig dahin. Während der Instrumentalstrecken mimt Aura Dione ein Telefongespräch auf Deutsch, abwechselnd spricht sie mal mit tiefer, mal mit heller Stimme in ihr Mikrofon. „Kommst du heute Abend?“, fragt sie ihr imaginäres Gegenüber, „Nein!“, antwortet sie sich selbst, um gleich wieder zurück zu fragen, „Warum nicht?“
Doch im wahren Leben sind viele gekommen an diesem Abend, 2500 Menschen, das Festspielhaus ist ausverkauft. Und alle klatschen, nachdem das letzte Lied beendet ist, verlangen nach einer Zugabe. Ein letztes Mal stöckelt Aura Dione auf die Bühne, ruft nach ihren «Jungs» an den Instrumenten - «Ohne euch kann ich das nicht» - und singt «Antony». Beim Schlussakkord verharrt Dione und reckt die Arme in die Höhe. Die Saalbeleuchtung erlischt, und man kann die zahllosen kleinen Lichtchen auf ihrem Kleid funkeln sehen wie
Juwelen.
(Audio) Streit am Gartenzaun: Rentner klagen gegen Südpfälzer Draisine
BmE Draisinen-Prozess by Stephanie Geißler
Anmoderation:
Streit am Gartenzaun: Rentner klagen gegen Südpfälzer Draisine
(Für SWR4 Mainz; Sendedatum 7.4.2011)
Man fährt mit kleinen Gefährten auf Schienen und zwischendurch macht man Rast an einer Kneipe – die Draisinenbahn in der Südpfalz bei Germersheim ist ein wahrer Spielplatz für Erwachsene. Doch nicht jeder hat Spaß mit der Bahn – manche macht sie krank, und deshalb muss die Draisinenbahn vor Gericht. Das Ehepaar Jochem aus Lingenfeld kämpft seit vier Jahren vergeblich gegen die Bahn, deren Endhaltestelle sich genau vor ihrem Haus befindet. Der Lärm, den die Fahrer machen, verursacht ihnen Schlaflosigkeit und Kopfschmerzen. Jetzt haben sie gegen die Verbandsgemeinde Lingenfeld geklagt, die ihrer Meinung nach hätte eingreifen müssen. Heute (7.4., 9 Uhr) wird der Fall vor dem Verwaltungsgericht Neustadt verhandelt. Stephanie Geißler berichtet.
(Audio) SWR4 Sauschlau: Der Schafkopf
Schafkopf Sauschlau by Stephanie Geißler
Schafkopf (Sommerserie SWR4 “Sauschlau”; gesendet zwischen 18. und 23. Juli 2011)
Hier bekamen die Hörer Geräusche und Stichwörter vorgespielt, auf deren Basis sie einen Begriff raten sollten. Sobald ein Hörer den Begriff erraten hatte, folgte ein kleiner Beitrag, der das Rätselwort kreativ und „um die Ecke gedacht“ umsetzte. Mein Begriff war der Pfälzer Berg „Schafkopf“ – ein Name, der auch für ein altes deutsches Kartenspiel steht. Dieses „Teekesselchen“ wird im Beitrag thematisiert.
Hier bekamen die Hörer Geräusche und Stichwörter vorgespielt, auf deren Basis sie einen Begriff raten sollten. Sobald ein Hörer den Begriff erraten hatte, folgte ein kleiner Beitrag, der das Rätselwort kreativ und „um die Ecke gedacht“ umsetzte. Mein Begriff war der Pfälzer Berg „Schafkopf“ – ein Name, der auch für ein altes deutsches Kartenspiel steht. Dieses „Teekesselchen“ wird im Beitrag thematisiert.
(Audio) Kurz vor Haftende: Ein Sträfling erzählt
Kurz vor Haftende: Ein Ex-Sträfling erzählt by Stephanie Geißler
„Kurz vor Haftende: Ein Sträfling erzählt“ (unveröffentlicht)
Anmoderation: Wie fühlt sich jemand, der vier Monate lang eingesperrt war und nur noch wenige Minuten hinter Gefängnismauern verbringen muss? Nikolaj Triller ist 29 Jahre alt und saß zum dritten Mal in der JVA Kislau bei Heidelberg – jedes Mal, weil er seine Bußgelder beim Staat nicht bezahlen konnte. Die Geschichte seiner „Verbrechen“ könnte man fast konsequent nennen: Das erste Mal ist er betrunken Auto gefahren, beim zweiten Mal wurde er dann beim Schwarzfahren in der Bahn erwischt, und diesmal saß er, weil er ohne Führerschein gefahren ist. Zehn Minuten vor seiner Entlassung hat unsere Reporterin Stephanie Geißler mit ihm gesprochen.
„Kurz vor Haftende: Ein Sträfling erzählt“
(Audio) Hut Beisel in Speyer
Beitrag "Hut Beisel".MUS by Stephanie Geißler
Anmoderation:
„Hut Beisel in Speyer“ (Teil der Sommerserie „Traditionsunternehmen: Der kleine Laden nebenan“ für SWR1 Mainz; Sendedatum: 26. Juli 2011)
Was haben Charlie Chaplin, Udo Lindenberg und die Queen gemeinsam? Ganz klar, alle drei tragen gerne Hut! Auch wenn sie damit zugegebenermaßen Exotenstatus haben, und das Huttragen eher an den Anfang des letzten Jahrhunderts gehört – ein paar kleine, feine Lädchen gibt es noch, die Kopfbedeckungen in allen Formen, Farben und Stoffen verkaufen. Einer davon ist Hut Beisel in der Speyerer Innenstadt. SWR1-Reporterin Stephanie Geißler hat Inhaberin Andrea Veth und ihre Mutter und Vorbesitzerin Christa Beisel dort besucht.
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