Für dpa-Karlsruhe, 23.9.2010
KORR-Inland/Musik/Konzerte/
Aura Dione – Popprinzessin mit Humor und Stimmgewalt
Von Stephanie Geißler, dpa
(Mit Bild) =
Soulstimme, Lack-High-Heels, und Geschichten aus dem Rotlichtviertel – Aura Dione
beherrscht die Kunst, ihr Publikum in Bann zu halten. Und beim Baden-Badener SWR3-NewPop-Festival funkeln nicht nur ihre Lieder wie Juwelen.
Baden-Baden (dpa/lsw) – Gegen das Label «Popprinzessin» hätte sie grundsätzlich nichts einzuwenden, sagte Aura Dione einmal in einem Interview mit dem Radiosender MDR Sputnik. Ganz im Gegenteil: Sie nähme es gar als Kompliment. Und sie scheint alles daran zu setzen, solcherlei Assoziationen zu wecken – zumindest bei jenen mit der Kleinmädchenvorstellung von der Prinzessin, die vor allem eines muss: glitzern und funkeln. Manch anderer mag sich allenfalls an die Krönung der Karnevalsprinzessin erinnert fühlen, als Aura Dione am Donnerstagabend im Baden-Badener Festspielhaus das SWR3 New Pop Festival eröffnet: Mit riesigem buntem Federhaarschmuck, weißem Glitzerkleid, glänzendkarierten Strumpfhosen und Schwindel erregend hohen Lackstilettos hopst sie auf die Bühne, man rechnet jeden Moment mit einem Sturz, der letztlich nicht passiert.
Als Aura Dione anfängt zu singen, sind blitzartig alle Gedanken an Karneval und verstauchte Knöchel vergessen. Ihre Stimme vermittelt unerwartete Ernsthaftigkeit, lobhudelnde Vergleiche mit Tracy Chapman, der US-amerikanischen Folk-Rock-Ikone, lassen sich nicht abstreiten. Soulig, stellenweise heiser, dann wieder glockenhell und klar singt sie sich durch ihre Lieder, die von Liebe, Freundschaft und Herzschmerz erzählen. Die Enttäuschung, die einen bisweilen bei Live-Konzerten überkommt, die wehmütigen Gedanken
an die perfekt abgemischte CD im heimischen Regal bleiben an diesem Abend aus.
Doch die Andächtigkeit bleibt flüchtig, dafür sorgt Aura Dione, so scheint es zumindest, systematisch. Die Sängerin versteht es immer wieder, den Zauber zu brechen, den die Kombination aus Stimme, Musik und Opernhausatmosphäre hervorruft. Und beweist obendrein Humor und Sinn für Selbstironie, wenn sie die Menge zwischen den Liedern mit kleinen Anekdoten aus ihrem Leben zum Lachen bringt. Ihre Jugend in Kopenhagen habe sie in ordentlicher Kleidung verbracht, erklärt Aura Dione etwa die Entstehungsgeschichte von „Are you for Sale?“, und fasst sich demonstrativ an ihr mit Perlen übersätes rosa Kleid, das sie sich zwischenzeitlich übergestreift hat. Das habe ihr jedoch nicht viel genützt, denn sie sei in einem zwielichtigen Rotlichtviertel aufgewachsen. Als sie dieses Viertel eines späten Abends bei Dunkelheit durchqueren musste, habe sie plötzlich Schritte hinter sich gehört, und eine Stimme rief „Are you for sale? Kann man dich kaufen?“ Entsetzt sei sie damals nach Hause gerannt – mittlerweile sei sie mit dem Typen verheiratet.
Als sie schließlich “I will love you Monday” anstimmt, bedarf es keiner erklärenden Worte, die Erfolgsgeschichte ihres Nummer-Eins-Hits reicht dem Publikum als Hintergrund. Die Menge reißt es von den Stühlen, die feierliche Festspielhausatmosphäre ist endgültig dahin. Während der Instrumentalstrecken mimt Aura Dione ein Telefongespräch auf Deutsch, abwechselnd spricht sie mal mit tiefer, mal mit heller Stimme in ihr Mikrofon. „Kommst du heute Abend?“, fragt sie ihr imaginäres Gegenüber, „Nein!“, antwortet sie sich selbst, um gleich wieder zurück zu fragen, „Warum nicht?“
Doch im wahren Leben sind viele gekommen an diesem Abend, 2500 Menschen, das Festspielhaus ist ausverkauft. Und alle klatschen, nachdem das letzte Lied beendet ist, verlangen nach einer Zugabe. Ein letztes Mal stöckelt Aura Dione auf die Bühne, ruft nach ihren «Jungs» an den Instrumenten - «Ohne euch kann ich das nicht» - und singt «Antony». Beim Schlussakkord verharrt Dione und reckt die Arme in die Höhe. Die Saalbeleuchtung erlischt, und man kann die zahllosen kleinen Lichtchen auf ihrem Kleid funkeln sehen wie
Juwelen.
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