Mittwoch, 14. September 2011

(Print) Der (Feld)Weg zurück auf den Arbeitsmarkt

Für dpa, 5.8.2010, veröffentlicht in Badische Zeitung (BZ), Badische Neueste Nachrichten (BNN) u.a.

KORR-Inland/Arbeit/
Der (Feld)Weg zurück auf den Arbeitsmarkt
Von Stephanie Geißler, dpa
(Mit Bild) =

Heilkräuter, vier Tonnen Gemüse und ein gesundes Restaurant - ein Karlsruher Projekt hilft auf vielseitige Weise Langzeitarbeitslosen zurück in die Erwerbstätigkeit. «Erde erdet» lautet dabei die Devise.

   Zwischen grünen Salatköpfen leuchten gelbe Zucchiniblüten, einige Tomaten sind so reif, dass sie an manchen Stellen bereits aufgeplatzt sind. Ein sanfter Hauch von Lavendel liegt in der Luft. An die Eingangstür der kleinen Aufenthaltshütte neben dem Gewächshaus hat jemand mit Filzstift und in fehlerhaftem Latein frei nach Horaz die Worte «Beatus ille qui procul negotiem paternam exercet» gekritzelt. Übersetzt heißt das in etwa, «glücklich ist jener, der fern von den Geschäften ist». Das könnte eine Art Motto sein für die Teilnehmer des Projekts «Gesundheit für alle» - und andererseits auch wieder nicht.

   Horaz pries das friedliche Landleben fern von der Geschäftigkeit - die Projektteilnehmer, allesamt arbeitslos, wollen früher oder später wieder genau dahin zurück: auf den ersten Arbeitsmarkt. Doch der Weg dahin, die Arbeit mit den Pflanzen in der freien Natur, soll heilend sein und Struktur vermitteln, sagt Ideengeber und Projektleiter Max Breitzler.

   «Gesundheit für alle», ein Projekt der Karlsruher intial e.V., wird vom Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert. Seit 2009 bauen Langzeitarbeitslose in einer still gelegten Biogärtnerei in Karlsruhe-Wolfartsweier Gemüse, Kräuter und Blumen an. Vier Tonnen haben sie im vergangenen Jahr geerntet, Breitzler hofft in diesem Jahr auf das Doppelte. Den Ertrag spenden die Teilnehmer an Menschen in sozialen Karlsruher Einrichtungen wie Frauenhäuser, Wohnheime und Tafeln, oder verkaufen es auf dem Wochenmarkt.

   Marcus ist verantwortlich für den zarten Lavendelduft. Heilpflanzen sind sein kleines Sonderprojekt. Die Betreuer lobten vor allem seine Initiative Verantwortung übernehmen zu wollen, ein wichtiges Ziel des Projektes. Auf dem Feld hat er Orangenthymian und Mandarinsalbei angebaut. Jetzt sitzt er an einem
Tisch vor der Aufenthaltshütte im Schatten und zupft kleine Lavendelblüten in eine Kiste. «Den Duft dieser wunderschönen Pflanze zu riechen tut der Seele gut», sagt der 34-Jährige. Dann lacht er etwas verlegen, betrachtet seine Hände.

   Irgendjemand habe ihm mal geraten, «Marcus, sei sparsam mit dem Wort "spirituell"». Das komme nicht so gut, besonders in Bewerbungsschreiben. Dennoch: Die Sache mit den Pflanzen sei schon fast schicksalhaft gewesen. Damals, er war noch Diskjockey und orientierungslos, ist er eine Straße entlang gelaufen und stand plötzlich vor zwei Kisten voller ausrangierter Bücher, alles Bände über Hildegard von Bingen, eine Mystikerin und Pflanzenkundlerin aus dem Mittelalter. Während er noch ratlos herumstand, in den Büchern blätterte und überlegte, wie er die Kisten zu Fuß nach Hause transportieren könnte, kamen zufällig zwei Freunde in einem Kombi vorbei. «Das war so eine Art Initiation für mich, ein Zeichen». Jetzt hofft er auf eine Ausbildung in diesem Bereich. Ein paar Praktika habe er schon gemacht, «aber in meiner Traumgärtnerei bilden sie nicht aus. Vielleicht ändert sich das irgendwann.»

   Ein Zeichen hat auch Alexandra N. gebraucht - ein Zeichen ihres Körpers, das ihr sagt, dass es genug ist. Sie ist jetzt 41, vor ein paar Jahren hat das Mobbing angefangen. Einmal hat sie den Job gewechselt, in einem anderen Blumenladen noch einmal von vorne angefangen. Die Kollegen waren neu, die Situation bald die alte. Jetzt ist sie krankgeschrieben, wegen Depressionen. «Ich war wie ein D-Zug ohne Bremsen, erst die Krankheit hat mich gestoppt», erinnert sich die Floristin.

   Das Projekt «Gesundheit für alle» ist ein «Zwischenschritt» für sie auf dem Weg zurück auf den ersten Arbeitsmarkt. «Auch wenn es komisch klingt: Erde erdet mich, bringt mir Ruhe», sagt Alexandra und dreht nachdenklich den Griff ihrer Mistgabel in den Händen. Das Projekt gebe ihr erst einmal einen «geschützten Rahmen», sagt Alexandra. Dass die anderen ihre Vorgeschichte kennen sei beruhigend: «Hier darf ich auch mal Fehler machen. Das gibt mir Kraft.»

   Schichtwechsel. Max Breitzler unterhält sich mit den anderen Teilnehmern. Alle sitzen vor dem Aufenthaltshäuschen neben dem Gewächshaus, vorübergehend fern von den Geschäften. Aber Breitzler kann nicht lange bleiben, er muss auf eine Baustelle, zu seinem nächsten Projekt, ein Restaurant in der Karlsruher Südstadt. Dort sollen Hartz IV-Empfänger günstige und dennoch gesunde Mahlzeiten bekommen: Die Zutaten werden direkt vom Acker geliefert. Auch hier werden 1-Euro-Jobber beschäftigt. Aber das Restaurant solle keine reine Suppenküche werden, alle seien willkommen, sagt Breitzler. «Wir wollen Raum für Kommunikation schaffen».

1 Kommentar:

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